Ich hatte durch einen Zufall das Glück, den Revierförster von St. Goar, Hubertus Jacoby, kennenzulernen. Das kurze Gespräch war so interessant, dass ich ihn um ein Gespräch für unseren Blog bat.
Wir haben uns in der gemütlichen Atmosphäre des „Landgasthof Rebstock“ in St. Goar-Biebernheim getroffen. Ich kam „bewaffnet“ mit 11 Fragen über die Person Hubertus Jacoby, aber natürlich auch über Wald, Wild, Hege und Forstwirtschaft. Als wir nach 3 ½ Stunden auseinander gingen, hatten wir in einem regen Gespräch noch nicht einmal 2 Fragen komplett beantwortet, so daß ich mich auf weitere Treffen mit ihm freuen darf.
Hubertus Jacoby ist bereits in 5. Generation Förster, also nicht nur ein Weidmann aus Leib und Seele, sondern auch aus Tradition.
Sein Großvater war als Privat-Förster für den Freiherren von Schorlemer im Hunsrück für Waldpflege und Wildhege zuständig. Der Freiherr war seinerzeit ein großer Waldbesitzer in Deutschland und durch Eheschließung mit Maria Puricelli auch Miteigentümer der Burg Reichenstein in Trechtingshausen am Rhein.
Auch Herrn Jacoby’s Vater und sein Bruder waren und sind für den Schorlemer’schen Forst verantwortlich, der heute noch über 900 ha verfügt.
Der gebürtige Idar-Obersteiner, ist gemeinsam mit 3 älteren Schwestern und 3 jüngeren Brüdern von Kleinauf sehr naturverbunden aufgewachsen. Eine wahre Försterdynastie ist dort fortgeführt worden:
Hubertus, sein Name stand schon bei der Taufe für seinen zukünftigen Beruf, Udo wurde ebenfalls Förster und trat die Nachfolge in der Försterei seines Vaters an, auch der auch sein Bruder Christoph ist dort als Forstwirt beschäftigt.Stefan wurde ebenfalls Forstwirt und ist für die Bundesforstverwaltung in Baumholder tätig. 2 Cousins hat es auch in Forstämter gezogen, der Eine ist Revierleiter in Adenau, der Andere, Dr. Herrmann Jacoby, war in der Forstdirektion Koblenz tätig.
Herr Jacoby, dessen Vorname von dem Schutzpatron der Jagd abgeleitet ist, musste schon als Junge seinem Vater im Wald sehr oft helfen, während seine Freunde Fußball spielten oder sich im Schwimmbad trafen. Er merkte, dass das Leben als Förster keine 40 Stundenwoche hat. Deshalb wollte er eigentlich einen anderen Beruf erlernen. Der Vater eines Freunde reparierte im Keller alte Fernseher und Radios, was er spannend fand . Also beschloss er, damals 16 Jahre alt, Radio- und Fernsehtechniker zu werden. Sein Vater hatte natürlich ganz Anderes mit ihm vor – natürlich sollte er auch Förster werden und so musste er sich für einen Ausbildungsplatz bewerben. Hubertus war aber ganz zuversichtlich, dass er die Aufnahmeprüfung nicht bestehen würde, gab es doch 300 Bewerbungen für lediglich 5 Ausbildungsplätze. Wahrscheinlich gab es eine ganze Reihe von Gründen, dass er einen der Ausbildungsplätze erhielt. Zum Einen wollte er den Vater nicht enttäuschen, zum Anderen hatte er, Dank der vielen Mitarbeit im Wald, schon hervorragende Kenntnisse und sicherlich spielte auch ein Stück Ehrgeiz eine Rolle, dann wer versagt schon gerne vorsätzlich.
1960 begann dann die Ausbildung. Sein Vater schenkte ihm am ersten Ausbildungstag eine Uniform. Diese bestand aus einem leicht abgetragenen grünen Hemd, einer Lederhose und einer ihm viel zu großen, getragenen, Baschlik-Mütze, die mit Zeitung ausgestopft, passend gemacht wurde.
So sieht eine Baschlik-Mütze aus:
Als mir Herr Jacoby diese Anekdote erzählte, fühlte ich förmlich den Stolz des Vaters, dass sein Sohn in seine Fußstapfen treten würde.
Hubertus merkte sehr schnell, dass sein Vater doch recht hatte, als er ihn mehr oder weniger genötigt hatte, die Ausbildung zum Förster zu beginnen. Und er ist ihm heute noch dankbar, dass er so hartnäckig war.
Die Arbeit im Wald und die Hege seiner Bewohner war dann doch genau das, was er sich als Lebensinhalt vorgestellt hat.
Das erste Lehrjahr begann im Winter, da dann Eichen und Buchen geschlagen werden. Ohne Kettensäge, versteht sich, sondern er lernte traditionell mit der Drumsäge zu arbeiten und Fällkerben mit der Axt zu schlagen. Auf dem Ausbildungsplan stand natürlich auch die Ausbildung zum Jäger. Der Ausbilder entschied dann, ob man den Jagdschein erhielt oder nicht, keine Prüfungskommission, und so erhielt Hubertus den Jagdschein bereits in jungen Jahren. Neben den besonders schönen Seiten, berichtet er aber auch über die „schönen“ Seiten der Ausbildungszeit, beispielsweise im Sommer abends den Pflanzengarten im Revier mittels Gießkanne zu gießen. 60 Kannen waren nötig, um den Pflanzennachwuchs zu wässern. Ein sicherlich anstrengendes Unternehmen, aber so hatte er sich Kosten und Zeit für das Fitnessstudio gespart. ☺
Die zwei letzten Lehrjahre verbrachte Herr Jacoby auf der Landesforstschule in Tripstadt. die er erfolgreich als Forstinspektoranwärter absolvierte.
Nach 18 Monaten Grundwehrdienst begann Hubertus seine 1 1/2 jährige Anwärterzeit bei dem Revierleiter des Forstamtes in Bad Sobernheim, der sich 6 Monate Büroarbeit in Neupfalz bei Stromberg anschlossen. Bevor er zur Försterprüfung zugelassen wurde, musste er sich noch weitere 9 Monate in Kirburg ,Westerwald auf die Prüfung vorbereiten. Dass er die mündliche und praktische Prüfung bestand, ist selbstredend. Nun galt es sich zu entscheiden, wie sein weiterer Berufsweg aussehen soll. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig, z.B. Holzindustrie, Privatforst und und und. Staatsdienst, sichere Position, dafür oft 50 Stunden und mehr Woche an mehr als 5 Tagen arbeiten, dafür die Natur hegen oder lieber geregelte Arbeitszeit, deutlich mehr Gehalt, dafür aber mehr Büro als Draußen. Hubertus wählte natürlich seinen Traumberuf und übernahm zunächst für 6 Monate eine Stelle in Altenkirchen im Westerwald, wo er einen Privatwald betreute.
1977 kam er dann endlich wieder in “seinen” Hunsrück zurück und ist seit dem der Forstrevierleiter von St. Goar.
Sie fragen sich vielleicht, wieso der erste Teil meines Berichtes über den Förster Hubertus Jacoby so persönlich geschrieben ist?! Ich war erstaunt, wie lange die Ausbildung zum Förster dauert. Fast 6 Jahre, rechnet man alle Ausbildungszeiten zusammen, die mit einer Prüfung enden. Sechs lange Jahre, in denen Andere ein Hochschulstudium inklusiv Promotion absolvieren und sehr guten Aussichten auf einen überdurchschnittlich bezahlten Job haben.
Die Ausbildung des Försters ist sehr vielschichtig, von den Jahreszeiten abhängig, jeder Bereich hat ein umfangreiches Spektrum und immer gibt die Natur den Zeitplan vor – anders als die Uni, an der man 2 Semester pro Jahr studiert, egal ob der Winter sibirisch kalt und der Sommer subtropisch heiß ist. Dafür sind am Ende der langen Ausbildungszeit zum Förster fast ausschließlich Enthusiasten ausgebildet worden, die sich der Natur verantwortlich fühlen und ihren Beruf als Berufung sehen.
Die Reviergröße von Herrn Jacoby betrug 1977 ca. 1.100 ha, wovon 800 ha der Stadt St. Goar gehörten und fast 400 ha Staatswald von Rheinland-Pfalz waren.
Mittlerweile ist das Revier von St. Goar durch Auflösung von einigen Forstrevieren und Zusammenlegungen 2.600 ha groß.
Die Forstwirtschaft ist durch stark gestiegene Holzpreise mittlerweile eine wichtige Erlösquelle für die öffentlichen Haushalte geworden. So stieg der Raummeter für Brennholz von 5€ im Jahr 2000 auf 75€ im Jahr 2015, fehlerhaftes Industrieholz von 1€/Raummeter im Jahr 2000 auf 50(!)€ im Jahr 2015. Eine Waldgeneration setzt man mit 250 Jahren an, die des Menschen mit ca. 30 Jahren, also gut ⅛ des Waldes. Daran kann man erkennen, wie wichtig eine nachhaltige Forstwirtschaft ist. Man plant für die Enkel der Enkel, um es mal in „Menschengenerationen“ darzustellen.
Die Natur ist ein sehr filigranes Gebilde, in der, so lange es keinen künstlichen Eingriff von Außen gibt, Flora und Fauna so abgestimmt sind, dass sie sich selbst regulieren. Der Wald ist also eine Lebensgemeinschaft zwischen Flora und Fauna, in der jeder von anderen abhängig ist. Sogar der vielgeschmähte Borkenkäfer hat genauso seine Existenzberechtigung, wie alle anderen vermeintlichen Schädlinge. Wird Forstwirtschaft renditeorientiert betrieben, ist das kurzfristig gedacht und bedeutet schon mittelfristig das Ende des Waldes und viele seiner Bewohner.
„Wald“ ist der Dachname für
-saubere und frische Luft,
-Photosynthese,
-Wasserspeicherung und
-Erholung.
Also unsere Lebensgrundlage!
Carlo von Carlowitz hat vor 300 Jahren bereits das Modell der Nachhaltigkeit der Forstwirtschaft entwickelt. Sein Konzept ist die Basis für das von Hubertus Jacoby mitentwickelte BAT-Konzept für nachhaltige Forstwirtschaft.
B steht für Biotop-Baum. Diese Bäume, große und alte Bäume, sogenannte Methusalembäume, haben mehr als 1000 Nachkommen, die durch ihre Saat entsprungen sind.
A steht für Altholz. Der Förster legt fest, welche alten Bäume seines Reviers sich selbst überlassen werden. Diese Bäume werden dauerhaft markiert und sollen bis zu ihrem natürlichen Tod nicht mehr angerührt werden, es entsteht dann daraus das Totholz. Eine weiter ökologische Maßnahme ist die Kartierung von sogenannten Refugien: Hier werden Waldflächen bis zu ca. einem Morgen( 2500 qm) ausgesucht und kartiert. Die Natur regelt den Wald. Hier hat der Mensch nichts mehr zu suchen. Wichtig für ein Refugium ist die natürliche Entwicklung des Waldes. Jacoby wäre froh, wenn jeder Waldbesitzer 10% seines Waldbesitzes so der ursprünglichen Natur wieder zur Verfügung stellen würde.
T steht für Totholz: Totholz ist Leben, weil etliche Tiere des Waldes davon abhängig sind und ohne dieses Totholz keine Überlebenschance haben, z.B. der Specht, der dort seine Nahrung findet und seine Bruthöhlen baut, oder der Hirschkäfer, der sieben Jahre lang als Engerling im Totholz verbringt, bis er dann endlich ein knappes Jahr als Käfer im Wald verbringen darf.
Hubertus Jacoby erzählte, dass heute mittlerweile naturgemäße Waldwirtschaft betrieben wird. Es gibt keinen Kahlschlag mehr, sondern es werden einzelne Bäume selektiert, die für den Holzmarkt interessant sind. So soll der Wald in 250 Jahren bis 500 Jahren vielschichtig aussehen und 7 – 10 Baumarten jedes Alters beherbergen, was den positiven Effekt hat, dass der Wald auch nicht mehr so anfällig ist.
Ich werde zeitnah ein neues Treffen mit dem Förster vereinbaren und freue mich schon jetzt sehr darauf!
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Heute hat der Privatforst schorlemer keine 900 ha mehr, wo liegt der Privatforst schorlemer im Hunsrück
Lieber Udo , ich frage nach und melde mich. Viele Grüße