Rheintour Blog

“Benno Rischen’s Truck Stop” in Kaub – Ein Rastplatz mit Geschichte

Ich war im Mittelrheintal zu einem Termin unterwegs und hatte noch ein wenig Zeit, die ich nutzen wollte, um mir in Ruhe noch ein paar Gedanken zu dem bevorstehenden Treffen machen zu können. Ich wollte eigentlich in Lorch das  Hilchenhaus oder das  Weingut Laquai zum Mittagessen aufsuchen. Beide hatten leider zu, ich fuhr also weiter rheinabwärts, gut gelaunt,  die Musik stimmte auch und mir kam der Gedanke, mal wieder zu Benno Rischen zu fahren, wo ich lange nicht mehr gegessen habe.

Bennos’s Raststätte, direkt gegenüber der Fähre in Kaub gelegen, ist nicht nur ein Imbiss, irgendwo im Mittelrheintal, nein er ist der Treffpunkt von Bikern, die das Mittelrheintal und das Cruisen zwischen mittelalterlichen Burgen, Denkmälern und historischen Stätten genießen. Der Gedanke, den Mittagstisch an einer mit weißem Tischtuch gedeckter Tafel gegen eine Holzbank vor einem Holztisch zu tauschen, mich als Bestandteil, wenn auch nur temporär, eines Bikerclubs zu fühlen, nahm mir die Entscheidung ab, was und wo ich esse, ab.

Ich parkte brav mein Auto und schlenderte zu “Benno”. Mein Blick schweifte über die Terrasse und ich war gespannt, was und wen ich dort wohl sehen würde. Das Wetter war nicht gerade super, zudem war es mitten in der Woche, aber ca. 20 Personen verteilten sich auf den Bänken unter freiem Himmel. Ein Ehepaar in Lederkluft, beide jenseits der 50 und schlank, saßen bei Schnitzel und Pommes, an den anderen Tisch aßen Pärchen und Einzelpersonen, nicht alle waren, wie man an der Kleidung erkennen konnte, Biker.

Ich ging in das Lokal und guckte mich erst einmal genau um. Überall hingen oder standen Dinge, die mehr oder weniger mit dem Motorradfahren zu tun haben.

Ich suchte die Speisekarte und fand sie nicht, wie üblich, in Augenhöhe irgendwo hinter oder um den Tresen herum, nein, sie ist seitlich am Tresen angebracht und man muss den Blick senken, um zu lesen, was man auswählen möchte.

Hier ein Auszug (wie auch auf der Karte formuliert)

Rotwurst vom Schwein

Schnitzel vom Schwein

Rumpsteak vom Rind

3 Spiegeleier vom Huhn

Die Beschreibung spiegelt die Besonderheit und Benno’s  Art des Humors wider. Ich grinste innerlich und ging an den Tresen, um meine Auswahl kund zu tun. Benno begrüßte mich mit dem für ihn so typischen Gruß “Gude, was willst denn?”.  “1 Rotwurst und 3 Spiegeleier, dazu ein alkoholfreies Weizen”. Er notierte es, und fragte mich in freundlichem, leicht mürrischen Ton, “Name? Vorname reicht”. Verdutzt nannte ich ihm meinen Namen. Das Bier bekam ich von seiner französischen Schwägerin, die ihm beim Betreiben des Imbiß hilft.

Ich schlenderte mit meinem Bier raus auf die Terrasse, guckte mich um, auf welche Bank ich mich setzen solle, entschloss mich aber, auf der Lounge, direkt am Eingang, Platz zu nehmen. Auf dem Tisch liegt dieser Hinweis:

Ich sitze also am Stammtisch, der Hinweis ist auch in russisch und japanisch übersetzt, was mich in anderen Lokalen nicht nachhaltig beeindruckt hätte, zumindest nicht um diese Uhrzeit und bei dem überschaubaren Andrang. Bei Benno, dem vermeintlichen Treffpunkt von Outlaws, und Rockern, was man landläufig mit “Bikern” assoziiert, gelten für einen braven Bürger wie mich allerdings andere Gesetze, schließlich will man doch irgendwie dazugehören oder wenigstens sich selber nicht ins Abseits kicken. Ich nehme also mein Bierglas und “schleich mi” an einen normalen Holztisch. Da sitze ich nun mit Blick auf die “Pfalzgrafenstein”, auf den Rhein, auf die vielen Schiffe, die an mir vorbei fahren. Links oberhalb von mir fahren die Züge vorbei- rechts, ca. 10 Meter neben mir, ist die B 42. “Mittagsruhe” definiert man sicherlich anders, denke ich. Aber nichts von der Unruhe um mich herum empfinde ich als störend-ganz im Gegenteil. Ich genieße den Blick, die Menschen, die 2 schweren BMW-Motorräder vor mir und bin mehr als zufrieden, ja man könnte es als Moment des Glücks bezeichnen, was ich in dieser spartanischen Umgebung empfinde. Als ich meinen Namen aus den Lautsprechern  höre, werde ich aus dem Moment der Ruhe und Zufriedenheit gerissen.- mein Essen ist fertig, ich soll es abholen.

Am Tresen vor mir steht eine Frau holt 2 Rumpsteaks und bittet Benno um scharfe Soße. “Scharf?”, sagt Benno, “Sie wissen, was Sie sagen? Scharf!?”. “Ja”, antwortet sie knapp. Benno wiederholt seinen Satz “Sie möchten scharfe Sauce? Ich habe scharfe Sauce, richtig scharfe Sauce, ich hoffe, Sie wissen, was ich darunter verstehe” und nachdem die Frau nicht insistiert, gießt Benno 2 kleine Schopflöffe mit einer dunklen Sauce über das Fleisch. Diese warnenden Worte hatten für mich das gleiche Niveau wie “Eltern haften für ihre Kinder” oder “Militärischer Sperrbezirk – Vorsicht Schußwaffengebrauch”. Als die Dame an mir mit ihren Steaks vorbei ging, betrachtete ich das Fleisch, wohl im Glauben, dass die scharfe Soße sich brodelnd über das Essen hermacht.

Nun bekam ich mein Essen: 3 Spiegeleier vom Huhn(!) und die Rotwurst. “Was bekommen Sie?” fragte ich die charmante Französin. Sie erklärte mir, in Bankerkreisen würde man es wohl den Cashflow nennen, wie bei Benno’s der Ablauf ist:

bestellen

abholen

essen

Leergut zurückbringen

bezahlen

Das ist wirklich sehr ungewöhnlich für eine Restauration, die in der Regel sehr stark besucht ist und zudem noch direkt an der Hauptstraße liegt. “Ehrlich währt am Längsten” ist das Motto. So, wie man von Benno und seiner Mitarbeiterin empfangen wird, zahlt man freiwillig lieber mehr als gar nicht. Skrupel und Moral werden hier noch gelebt.

Benno gibt mir noch freundlich aber bestimmt den Hinweis “Die Lounge ist nur für Stammgäste – aber steht da ja auch auf dem Tisch.” “Ich habe es gesehen und sitze auch schon woanders”, verteidige ich mich. Ich trage mein Essen zu meinem Tisch und betrachte das Mahl.

Benno’s Warnung zur Schärfe des Essens, lässt mich grübeln, ob ich erst die Eier und dann die Wurst oder umgekehrt essen soll. Scharfes Essen ist nicht mein Ding-also entschließe ich mich erst die Wurst und dann die Eier zu essen, denn falls die Wurst zu scharf ist, können die Eier die Intensität der Würze vielleicht etwas neutralisieren. (Diese Entscheidung erwies sich als gut).

Ich fühlte mich sehr wohl bei dem spartanischen Mittagstisch, blickte entspannt zur Pfalzgrafenstein und in die Umgebung. Plötzlich fuhr ein großer LKW vorbei, der zum Gruß laut hupte. Lautes, unvermittelte hupen bedeutet für mich eigentlich Stress und Andrenalinausstoß. Bei Benno erzeugt es merkwürdigerweise ein Lächeln und eine Endorphinausschüttung. “Toll”, denke ich, ” das ist mehr als eine dieser modernen “Whatsapp Gruppen”, das sind Kumpels, die ihren Stolz dazuzugehören gerne zeigen und bin echt froh, das ich da sitze kann und einfach die unnachahmliche Atmosphäre genießen darf – ja, darf!

Mittlerweile ist das Paar aufgestanden, das in Ledermontour dort gerastet hat, sie gehen zu ihren BMWs und machen sie startklar. Die Frau, wohl Konfektionsgröße 38, also eher schlank, schwingt sich auf ihre schwere Maschine, klappt den Ständer ein und folgt ihrem Mann auf die B 42 Richtung Assmannshausen. “Respekt”, denke ich, “die beherrscht ihren Bock”.

Am Nachbartisch nimmt ein spanisches Paar Platz, das wohl schon bestellt hat. Sie unterhalten sich, machen Selfies, aber nicht mit der Pfalzgrafenstein im Hintergrund, sondern mit “Benno’s Truck Stop”! Als “Marie” aus dem Lautsprecher klingt lachen beide, das “Mädel” steht auf und geht das Essen holen.

Ich nehme auch mein Geschirr und das leere Glas und gehe ins Lokal, stelle es auf den Tresen und spreche Benno an, ob ich ihm für meinen Blog  mal ein paar Fragen stellen darf.

“Ich habe keine Zeit, ich muss alles vorbereiten, denn wir machen alles selber, sogar den Ketchup und alles ohne Glutamat, Hefe und sowas”. Er guckt mich an und erzählte mir in knappen Worten etwas über sich und sein Leben.

In Kaub geboren, in Kaub groß geworden, er hat als Gästeführer auf der Pfalzgrafenstein gearbeitet, was damals einfach dazugehörte. Willi Rüd sorgte dafür, dass die Jugendlichen und Kinder eine Aufgabe hatten. Benno’s Eltern waren froh dass er als Gästeführer auf der Pfalzgrafenstein arbeitete, denn auf der Insel hatte er keine Chance “Mist” zu machen und die Eltern wussten, wo er war.

Benno kommt bei den Erzählungen über Kaub ins Schwärmen, nicht über “Blücher”, nein über Kaub – Kaub ohne Blücher. In Kaub gibt es DIE Kirche, die eine gemeinsame Kirche für Katholiken und Protestanten ist, Kaub hat als einziger Ort im Oberen Mittelrheintal einen Hochwasserweg auf der Stadtmauer und überhaupt, Kaub habe die meisten Sehenswürdigkeiten im Oberen Mittelrheintal. Man merkt, wie tief Benno in seiner Heimatstadt verwurzelt ist.

Unser Gespräch wird unterbrochen, da der Herr des spanischen Paares an den Tresen kommt und um “Sosss” fragt. Wir verstehen zunächst nicht, was er möchte, aber nachdem er es mehrmals wiederholt hat, wissen wir er meint “Soße”. Benno erklärt ihm,  es heißt ” Soße, Soooße, Sooooßßße!”. Der Spanier wiederholt brav und geht grinsen raus.

“Benno’s Truck Stop” gibt es seit dem 1.7.1987, also mittlerweile über 3 Jahrzehnte! Benno ist eigentlich mit Leib und Seele Musiker und tingelte früher mit seiner Kapelle “Viola” durch Europa. Er kann Jodln und spielte lange in der Brasserie “Löwenbräu” in Paris(!), wo er auch seine Frau Dominique kennenlernte.

Jedes Jahr eröffnet und schließt der leidenschaftliche Biker die Motorradsaison mit einer “Anfahrt” und einer “Abfahrt”, an der jeweils fast 300 Biker aus vielen Ländern teilnehmen.

So gar Feldmarschall Blücher, der an dieser Stelle, an der “Benno’s Truck Stop” liegt, mit seinen Truppen den Rhein überquerte, weist voller Stolz auf Benno hin:

Wenn Ihr noch mehr über Benno’s Truck Stop erfahren möchtet, hier seine Homepage:

Startseite

Es waren für mich einige schöne Stunden im Benno’s und mit Benno und ich freue mich sehr auf den nächsten Besuch

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7 Kommentare zu ““Benno Rischen’s Truck Stop” in Kaub – Ein Rastplatz mit Geschichte

  1. Roland Grundmann

    Ohne Benno wäre das obere Mittelrheintal um eine Attraktion ärmer. Er gehört zu Kaub wie der Rhein.

  2. Frank

    Und ich war einer der ersten Gäste von Benno. Hackbraten wurde immer über CB bestellt. Und ich sag nur „weißer Ford Capri“ 🙂

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