Ich wandere gerne durch den Rheingau und das Obere Mittelrheintal. Eine, vor allem während der Kirschbaumblütenzeit, von mir sehr geschätzte Wanderung verläuft von Walluf nach Frauenstein und durch die Felder zurück zum Ausgangspunkt. Läuft man vom westlichen Ortsrand Frauenstein’s hinunter ins Lindenbachtal kommt man an einem Reiterhof vorbei. Ich war immer erstaunt, wir edel und vornehm dieser Hof ist, der seit 2011 ständig und sehr auswändig restauriert und saniert wurde. Die Optik deckt sich mit dem Klischee, daß Reiten ein Sport für Wohlbetuchte ist.
Vor kurzem bekam ich zufällig Kontakt zu diesem Hof, dem Hof Armada. Ich traf Claudia Stäbe, eine studierteErziehungswissenschaftlerin Kulturanthropologin, die auf dem Hof die Sozialpädagogische Leitung innehat und gleichzeitig dem Stiftungsvorstand angehört. Ich ging zunächst auf den Reiterhof, da ich davon ausging, daß dies der Treffpunkt sei. Ein Irrtum, wie sich herausstellte, denn das Büro von Frau Stäbe liegt im ehemaligen Wohnhaus des Gutsbesitzers. Ich ging also zum Eingang, der zu den Wirtschaftshäusern führt. Es ist schon sehr beeindruckend, wenn man in der Mitte der Freifläche steht und sich 360 Grad umgucken kann. Perfekt sanierte Fassaden, ein alter, restaurierter Traktor in einem Carport, an der gegenüberliegenden Seite befindet sich noch eine weitere Unterstellmöglichkeit. Während ich mich umgucke, kam Frau Stäbe aus dem Verwaltungsgebäude und begrüßte mich sehr freundlich. Sie erzählte mir zunächst einiges über den Hof.
Der Hof Armada, dessen Historie bis ins 12. Jahrhundert zurück reicht, schreibt seit 2011 seine Geschichte neu. In diesem Jahr erwarb Harald Knettenbrech den Hof Armada vom Land Hessen und erfüllte sich damit einen Traum. Er selbst ist auf dem Bauernhof aufgewachsen und möchte den erfahrenen Wert dieser Lebenswelt auch kommenden Generationen vermitteln. Angesichts einer von Beschleunigung, Digitalisierung und Individualisierung geprägten Zeit sollte ein Lernbauernhof, durch handwerkliches Tun in Gemeinschaft, echte Alternativen schaffen. Dabei sollte es darum gehen traditionelle Produktionsprozesse nachvollziehbar zu machen, sie sinnlich zu erfahren und umfassend zu begreifen.
So sah der Hof 2011 aus, als Harald Knettenbrech ihn erwarb:
Mit dem Hof Armada war der ideale Standort für einen solchen Lernbauernhof gefunden. Auf 24 Hektar in Wiesbaden-Frauenstein bietet der Hof eine stadtnahe Naturoase und hervorragende Bedingung für vielfältige Erfahrungen, Lernprozesse und Begegnungen in und mit der Natur. Seit 2011 hat sich viel getan, der Hof erstrahlt nach aufwändigen Bau- und Restaurationsarbeiten in neuem Glanz. Mit viel Liebe zum Detail konnten Tradition und Moderne auf dem historischen Hofgut harmonisch vereint werden. Nun gilt es das Ganze mit Leben zu füllen. Seit Juli 2018 ist der Lernbauernhof als Einrichtung der gemeinnützigen Harald Knettenbrech Stiftung personell besetzt und schafft pädagogische Angebote.
So sieht der Hof, nach 7 Jahren umfangreicher Sanierung aus:
Der Hof Armada zeichnet sich durch eine Vielzahl infrastruktureller Möglichkeiten aus:
• Tierbestand (Rinder, Ponys, Esel, Ziegen, Schafe, Schweine, Gänse, Enten, Puten, Hühner)
• Holzwerkstatt
• Bauerngarten
• verschiedene Werk- und Veranstaltungsräume, die auch für Seminare angemietet werden können.
• Bachlauf
• zwei Teiche
• Wiesen, Felder und Wald ringsum
Kurz gesagt der Hof Armada bietet ideale Voraussetzungen für naturpädagogische Angebote! Hier kann beobachtet, erforscht, gefüttert, gestreichelt, gepflegt, gehegt, gepflückt, geerntet, gekocht, gebacken und gewerkelt werden. Die Ernte aus dem Bauerngarten und von den umliegenden Streuobstwiesen wird zu Marmeladen, Gelees und Säften verarbeitet. Der Erlös aus dem Verkauf der Produkte fließt in die gemeinnützigen Projekte der Stiftung und kommt somit dem Lernbauernhof sowie der Kinder- und Jugendfarm „Biberbau“ in Wiesbaden Biebrich zugute.
Erfahrungs- und Bildungsprozesse brauchen vor allem Muße, Zeit und Raum, daher adressiert das reguläre Angebot auf dem Hof Armada kleinere Gruppen aus KITAS, Schulen und Trägern der Kinder- und Jugendhilfe zu abgestimmten Zeiten. Die Angebote zielen auf Umweltbildung für nachhaltige Entwicklung und ökologisches sowie soziales Verantwortungsbewusstsein.
Ein öffentlich zugänglicher Rundweg ist in Planung, sodass Interessierte auch über die regulären Angebote hinaus die Möglichkeit haben am Hof Armada auf Entdeckungsreise zu gehen.
Des Weiteren initiiert und unterstützt das Team Armada verschiedene Projekte und Veranstaltungen z.B.: Konzerte, Ausstellungen und saisonale Märkte dem Hofgelände. Unter anderem wird in diesem Jahr am 1. Adventswochenende wieder ein Weihnachtsmarkt veranstaltet, zu dem das Team Armada herzlich einlädt. Als Veranstaltungsort wird die alte Scheune genutzt, deren Umbau abgeschlossen und die Nutzungsänderung beantragt ist.
Der Name Knettenbrech ist im Rhein-Main-Gebiet seit vielen Jahrzehnten im Rhein-Main-Gebiet kein Unbekannter, so findet er sich nach wie vor auf diversen Containern und Fahrzeugen des Unternehmens KNETTENBRECH + GURDULIC Service GmbH & Co. KG.
Den Namen Knettenbrech wollte das Unternehmen als Gütesigel eines Traditionsbetriebs beibehalten. Harald Knettenbrech selbst hat sich aus dem Entsorgungsunternehmen allerdings bereits 1995 verabschiedet und 2005 die Stiftung für Kinderhilfe Knettenbrech ins Leben gerufen. Neben der bisherigen Unterstützung bestehender Kinderhilfseinrichtungen, ist die Kinder- und Jugendfarm Biberbau in Wiesbaden Biebrich ein erstes aktives Projekt der Stiftung, das 2008 ins Leben gerufen wurde. Mit Umbenennung der Stiftung 2017 in Harald Knettenbrech Stiftung soll dem erweiterten Förderspektrum Rechnung getragen werden, neben Kinderhilfsprojekten werden auch kulturelle und künstlerische Aktivitäten initiiert und unterstützt. Neben dem persönlichen Engagement von Harald Knettenbrech sowie der Förderung durch die Stiftungsmittel, werden sowohl die pädagogischen Angebote auf dem Lernbauernhof Hof Armada als auch die des Biberbaus wesentlich durch Spenden und kommunale Zuschüsse unterstützt.
Zur Historie:
- ca 1100 als Fronhof errichtet
- 1338 im Besitz der Ritter von Lindau
- 1341 Errichtung einer Kapelle
- 1675 bis 1813 im Besitz der Grafen von der Leyen
- 1817 erworben durch Valentin Kindlinger
- 1832 Zerstörung sämtlicher Gebäude durch Brand
- 1839 erworben durch die Herzöge von Nassau und Wiederaufbau zu einem Wehrhof
- 1866 preußische Domäne
- 1919 Beschlagnahmung durch die französische Besatzung
- 1929 Land Hessen übernimmt Hof Armada
- 2011 Verkauf an Harald Knettenbrech
- 2018 Aktivierung Erlebnis-, Lern-, und Begegnungsstätte Hof Armada
Der Hof Armada besteht aus 3 Säulen, dem Lernbauernhof,
der Herberge
und dem
Aktiv Hof (Reiterhof)
Der Pferdepensionsbetriebhat ein ganz besonderes Konzept – es handelt sich um einen Aktivstall- erklärte mir Frau Stäbe. Die gebürtige Rostockerin, die u.a. beim Bundesverband für Pferdesport und beim Deutschen Olympischen Sportbund gearbeitet hat, bevor sie auch beruflich zu “Armada” wechselte, ist seit 2008 mit dem Hofgut verbunden, damals ist ihr Pferd hier eingezogen. . Pferde leben in freier Natur meist in Steppen, in denen sie die Tage, langsam äsend verbringen und so immer in Bewegung sind. Pferde als Nutztiere leben meist in Ställen und dort in ca. 12qm großen Boxen, in denen sie in der Regel 23 Stunden verbringen und eine Stunde Auslauf bzw. Austritte bekommen. Im Akivstall haben die Pferde einen besonderen Auslauf. Um an den Futterautomaten zu gelangen, müssen sie eine Wegstrecke zurücklegen, Gleiches gilt auch für den Wasserautomaten, zu dem die Pferde auch nur gelangen, wenn sie sich dorthin bewegen. Alle Pferde haben ein Halsband mit einem Chip, der den Automaten sagt, wieviel Futter das Pferd bekommen soll, damit es nicht zu viel frisst. Die 45 Pferde auf dem Hof werden auf diese Art perfekt ernährt. Es gibt sogar eine Liegehalle, in der sich die Pferde zum Ausruhen hinlegen können, aber auch miteinander spielen dürfen, was sie tatsächlich auch tun. Es ist schon sehr beeindruckend das Lebenswerk von Harald Knettenbrech zu besuchen und das eine oder andere Angebot zu nutzen und festzustellen, daß man Manches vielleicht doch aus der falschen Perspektive bis dahin gesehen hat.
Hier noch einige Impressionen:
Ich freue mich schon auf die 4 Tage Osterprogramm auf dem Lernbauernhof vom 15. – 18. April
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lautet die Nummer von “Rheintour”
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