Rheintour Blog

Wissenswertes und Experimente rund um das Kloster Eberbach

Wissenswertes und Experimente rund um das Kloster – Eine außergewöhnliche Führung durch das Kloster Eberbach-

Durch einen glücklichen Zufall habe ich die Möglichkeit bekommen, eine Führung mit Frau Hilde Ujen durch das  Kloster Eberbach mitmachen zu dürfen. Eigentlich war es eine Führung  speziell für Kinder zwischen vier und zwölf, so war auch die Gruppe zusammengesetzt

Wir trafen uns um 13 Uhr an der Vinothek des Klosters mit Frau Ujen, unserer Führerin, und nach kurzer Begrüßung ging es zunächst in den Klostergarten. Den ersten halt machen wir in einer kleinen Sitzecke, an der der Kisselbach, der unter Teilen des Kloster durchfließt, und dort wieder ans Tageslicht kommt. Man sitzt mitten im Kloster, Touristen erkunden  um einen herum den Klostergarten, dennoch ist dies ein Hort der Ruhe und auch der Besinnlichkeit.  Wir lauschten Frau Ujen‘s  Erklärungen,  dieses Plätzchen liegt beispielsweise am sogenannten Eberbad.  Der Sage nach traf sich der Bischof von Mainz mit Bernhard von Clairvaux , um einen Platz für ein neu zu gründendes Kloster zu suchen. Als sie so durch das Kisselbachtal liefen, kam plötzlich ein Keiler aus dem Wald gerannt, sprang über den Bach und riss mit seinen Hauern den Boden auf.  Die beiden Geistlichen hielten dies für ein Zeichen Gottes und entschieden das Kloster auf diesem Platz zu bauen. „Wieso wurde das Kloster denn an dem Bach gebaut“?, fragte Frau Ujen die Kinder. Mit dieser Frage hatte sie  das Interesse der Kinder und deren Aufmerksamkeit geweckt. Die Antworten  lauteten ” weil man Wasser zum trinken braucht”, “um baden zu können“,  „sich zu waschen“, „zum Kochen benötigt man Wasser”. Die lebhaften Antworten der Kinder haben sowohl der Fragerin als auch den Kindern, die interessiert zuhörten und auf alle Fragen  schnell antworten, Spaß gemacht 

Seit über 200 Jahren gibt es in dem Kloster keine Mönche mehr.  Der Kirche wurde zur Zeit der Säkularisation das Kloster aberkannt. Nach kurzen Gesprächen über das ein oder andere verließen wir das lauschige Plätzchen und gingen in das Kloster hinein zunächst zum Weinkeller. Der Weinkeller wird seit einigen Jahren nicht mehr als solcher genutzt, da der Wein mittlerweile in Edelstahltanks und Bariquefässern ausgebaut wird. Es sind aber noch Reste des Weinkellerschimmelpilzes, das sogenannte „Kellertuch“ zu sehen, der sich von Duftstoffen des Weins, die aus den Holzfässern raustreten, ernährt. Da nun dort kein Wein mehr gelagert wird,  bildet er sich langsam zurück und ist deshalb nur noch an wenigen Stellen an der Kellerdecke zu sehen. 

  Ein großer Fassboden, durch den man sogar durchgehen kann, ist im Weinkeller aufgestellt.  Dieses Fass beinhaltete über 71000 Liter Wein .

   Der Wein, den die Mönche anbauten, war weit über das Kloster hinaus bekannt. So kam es, daß Rheingauer Bürger vor dem Kloster so lange zelteten, bis das Weinfass leer getrunken war  und die leckeren  Speisen, die ebenfalls im Kloster hergestellt wurden, aufgegessen waren.  Die Eltviller waren nämlich neidisch auf die hohe Qualität des Weines  und der Speisen und erhofften sich, so der starken Konkurrenz des Klosters Herr zu werden. Ob diese Strategie funktionierte, ist  allerdings nicht bekannt. Während des Dreißigjährigen Krieges war das Kloster von den Schweden besetzt, die es den Eltviller nachmachten und den Wein des Klosters  komplett leer getrunken haben, inklusive der bevorrateten Speisen, die sie auch aufgegessen haben.  Die Schweden waren es auch, die die Handschriften, die das Kloster in den vergangenen Jahrhunderten  vorgenommen hatte, nach Schweden verschiffen wollten.  Leider kam aber das Schiff nie an seinem Zielort an, sodass die Aufzeichnungen für immer verloren sind.

Das Leben der Mönche war nicht einfach. Alle zwei bis drei Stunden mussten sie beten,  was die einzigen Momente waren, in denen sie reden durften. In den Zeiten dazwischen,  mussten sie schweigen.

Von dem Weinkeller gingen wir in das Dormitorium, also in den Schlafsaal der Mönche. Hier haben wir viel über das Leben der Mönche im Kloster Eberbach erfahren. Bevor wir aber die Informationen erhielten, haben wir ein Experiment gemacht. Die sechsjährige Yve stellte sich im Dormitorium an eine Säule und wir nahmen Maß, wie groß sie wohl sei. Maßgeblich für die Ermittlung ihrer Größe war ihr Abstand zwischen ihrem Kopf und dem Säulenrand.

Wir nahmen Maß und die Kinder rannten an das andere Ende des Schlafsaals, wo sich Yve an die letzte Säule stellte und, man staune, der Abstand zwischen Kopf und Säulenrand war deutlich kleiner als an der ersten Säule. Sollte sie in der Kürze der Zeit etwa gewachsen sein? Wir rätselten woran es wo liegt, dass der Abstand nun deutlich geringer ist, zumal die Säulenumrandung augenscheinlich auf der gleichen Höhe liegt. Eine Hilfestellung ist das Kreuzgewölbe des Dormitoriums, das die Deckenlast trägt und sich über die gesamte Decke des Schlafsaals zieht. Aus diesem Grund musste der Fußboden entsprechend dem Gefälle des Untergrundes angepasst werden, d. h. er steigt von dem einen zum anderen Ende leicht an bzw. fällt leicht ab, je nach Blickrichtung des Besuchers.     

Im Kloster wohnten zu dieser Zeit ca. 150 Mönche, die alle in diesem Schlafsaal schliefen, ein eigenes Zimmer hatte lediglich der Abt und dieses Zimmer hatte eine Größe von maximal 9 m².

Neben den 150 Mönchen lebten noch weitere 450 Laienbrüder im Kloster Eberbach, die die ganze Arbeit verrichten mussten. Die Mönche kamen meist aus gebildeten Schichten, oft adliger Herkunft, die Laienbrüder waren meist Söhne von Bauern oder Handwerkern, also von dem einfachen Volk der damaligen Zeit. Sie konnten weder lesen noch schreiben.

Vom Dormitorium gingen wir durch den Kreuzgang zur Basilika, die man zur Zeit leider nur bedingt besichtigen kann, da sich in der Decke ein Schimmelpilz, und zwar ein gefährlicher, angesiedelt hat, der beseitigt werden muss, damit das Gebälk kein Schaden leidet und dann letztendlich der Dachstuhl einstürzen würde. Diese Renovierung ist sehr aufwendig und wird über fünf Jahre dauern, so lange muß dieses Gerüst bestehen bleiben.

Frau Ujen testete in der Basilika mit uns noch die Laufzeiten des Schalls und wir sollten alle ganz laut „Pit“ schreien und dann leise mitzählen, wie lange es wohl dauert bis der Schall wieder zu uns zurück kam. Das hat uns allen natürlich sehr viel Spaß gemacht. Die nächste Station unseres Rundgangs war der Kapitelsaal.

Im Kreuzgang, der uns zu unserem nächsten Raum führte, hat uns Frau Ujen noch ein paar Geheimzeichen der Mönche erklärt, da diese ja nicht reden durften. Es gab Zeichen für Brot, für Käse, für schlafen und für viele andere Dinge, über die sich die Mönche austauschten, ohne reden zu müssen.

Der Kapitelsaal, der heute über Fenster verfügt, war der Raum, in dem man auch  die Arbeitsverteilung besprach, die Regeln des heiligen Benedikt lehrte, in dem also auch gesprochen werden durfte, zumindest von dem Vortragenden. Die links und rechts vom Eingang liegenden Stufen waren die Sitzgelegenheiten der Mönche. Die jüngeren Mönche saßen auf der oberen Stufe, die älteren auf der unteren Stufe, die sich so an die Beine der über ihnen sitzenden anlehnen konnten, was eine deutliche Komfortverbesserung war.

Es gab seinerzeit auch eine optische Abgrenzung zwischen den Laienbrüdern und den Mönchen. Die Laienbrüder trugen lange Bärte, die Mönche hatten einen Haarkranz, die sogenannte „Tonsur“.

Auf dem Weg vom Kapitelsaal zum Mönchsrefektorium, dem Speisesaal der Mönche, steht ein Brunnen. Dieser Brunnen, der jahreszeitendsprechend mit einer Folie vor Frost geschützt ist, hat 16 Ausläufer, die die Mönche dazu nutzten, sich vor dem Essen, Hände und Haupt zu waschen.

Es war recht kalt als wir das Kloster besichtigten und wir machten uns natürlich Gedanken, wie die Mönche wohl im Winter lebten, da es in keinem der Räume eine Heizung gab und somit ein aufwärmen nicht möglich war.  Als wir in den Vorraum des Speisesaales kamen, war es schlagartig fast 15 Grad wärmer, denn dort gab es einen offenen Kamin. Die Mönche, die immer Schriften anfertigen, mussten natürlich warme Hände haben, um schreiben zu können. Deshalb durften sie zweimal am Tag eine halbe Stunde in diesen Raum, um sich aufzuwärmen.

Das ist das Refektorium ,der Speisesaal der Mönche, der wunderschöne Verzierungen an der Decke hat, die natürlich auch eine Bedeutung haben.

In den vier Ecken sind Putten an der Decke angebracht, die jeweils Blumen, Getreide, Wein und Feuer in der Hand haben.

Wir rätselten, welche Bedeutung wohl diese Darstellungen haben. „Es sind die vier Jahreszeiten“, rief nach kurzer Diskussion der neunjährige Pit, der das nicht so einfache Rätsel gelöst hatte. Wir stimmten sodann alle in das Kinderlied ein „Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder, den Frühling, den Sommer, den Herbst und den Winter….“. Egal wie alt, alle sangen dieses wunderschöne Kinderlied mit. Vom Refektorium liefen wir dann zum Speisesaal der Laienbrüder, dem Laienrefektorium das durch die Klostergasse von dem übrigen Räumen getrennt war.

Im Laienrefektorium schliefen damals die 450 Laienmönche, Bett an Bett, denn auch sie hatten keine eigenen Zimmer.

In dem sehr großen Saal dem  sind heute alte Weinpressen untergebracht. Auf einer der Presse ist mit lateinischen Buchstaben die Jahreszahl der Herstellung dieser Presse angebracht und wir hatten das Rätsel zu lösen, wie alt wie Presse ist. Natürlich hat ein Erwachsener die Lösung herausgefunden, denn keines der Kinder hatte lateinische Zahlen bereits in der Schule gehabt.

Bevor wir in die Natur hinausgingen, haben wir noch die Brunnenkammer besichtigt. Es handelt sich um einen sehr kleinen Raum, in dem ein Brunnen gebaut wurde, damit das Kloster auch immer frisches Trinkwasser hatte, selbst wenn es belagert worden wäre. Die Brunnentür war verschließbar, damit niemand das kostbare Trinkwasser vergiften konnte. An anderer Stelle im Kloster, an die wir noch später kommen sollten, floss ein Bach, der auch die Mühlen antrieb. Es wurden mehrere Mühlen mit Wasser versorgt, die Getreide malten, die Schmiede, die Ziegelei und die Walkherstellung wurden ebenfalls von dem Bach mit Wasser versorgt. Die Lage der Wasserader, die man finden musste, um an der richtigen Stelle den Brunnen zu bohren, stellte man mittels einer Wünschelrute fest. Eine Art, Wasseradern zu finden, die noch heute funktioniert.

Im Klosterhof machten wir eine kurze Pause, während der uns Frau Ujen erklärte, dass der unterirdisch durch das Kloster laufende Kisselbach vor vielen Jahren den gesamten Klosterhof überflutet hatte, da das Rohr, das den Bach unter dem Kloster durch leitet, verstopft war und somit alles unter Wasser stand, was einen großen Schaden bedeutete.

Wir gingen außen an der Klostermauer Richtung Kisselbach und kamen an einen Platz, an dem die Aeskulapnatter lebt. Junge Leute, die im Kloster ihr Freiwilliges Soziales Jahr ableisten, haben einen Steinhügel gebaut, der dieser Schlangenart optimale Lebensbedingungen bietet.

Es ist sogar an manchen Stellen in der Klostermauer ein Durchgang für die Schlangen eingebaut worden, damit diese sich auf dem gesamten Gelände und den umliegenden Wäldern frei bewegen können. Auch Fledermäuse wurden auf diesem Gelände wieder angesiedelt. Im Dachstuhl des Klosters werden sie noch heute beherbergt.

Nach ca. 150 m kamen wir an den Kisselbach und nun begannen die Experimente, die Frau Ujen für uns vorbereitet hatte. Jedes Kind bekam zunächst ein Lupenglas mit dem  sie im Bach fischten, um die dort lebenden Kleinstlebewesen zu fangen. Wir haben verschiedene Strudelwürmer und sogar einen Flohkrebs gefangen, die wir nach gemeinsamer Betrachtung natürlich wieder in den Bach zurückgesetzt haben.

Bei dem nächsten Experiment haben die Kinder mit einem Stethoskop die Bäume abgehört, denn zwischen Baum und Rinde laufen die Wasseradern, die die Äste des Baumes mit Wasser versorgen, das Rauchen kann man manchmal sogar hören. Das war auch ein ganz besonders interessantes Experiment, denn niemand wusste bis dahin, wie die Bäume mit Wasser versorgt werden. Nun haben wir es erfahren.

Das dritte Experiment zeigte uns, wie man vor hunderten von Jahren das Wasser des Baches von Brauchwasser in Trinkwasser umwandeln kann, und zwar auf natürliche Art und Weise, also ohne Chemikalien. Wir füllten in einen Eimer Kieselsteine und in den anderen Eimer verschiedene Schichten aus großen Kieselsteinen, Kleinkieselsteinen, Erde und Moos. Beide Eimer hatten im Boden kleine Löcher, sodass das Wasser, was wir oben in den Eimer gossen, unten mehr oder weniger gefiltert, in den anderen Eimer floss.  Jetzt konnten wir feststellen, welche Art des Wasserfilters wohl das effektivere ist, um Trinkwasser zu erhalten. Welches ist wohl das effektivste?

Zum Abschluss der Experimente bekam jedes Kind noch einen Ausweis geschenkt, der an einer Kette hängt, der die Kinder bestimmt an diesen wunderbaren und interessanten Nachmittag erinnern wird.

Nachdem die Kinder im Wald noch eine halbe Stunde gespielt haben, sind wir zurück ins Kloster gegangen und haben auf dem Weg zu unserem Ausgangspunkt an einer Stelle gehalten, an der man heute noch einen Kanal sehen kann, an dem früher das Wasser durch das Kloster geleitet wurde, das unter anderem auch 2 Mühlen antrieb.

Zu guter Letzt sind wir zum „Saugraben“ gegangen, wo früher Kühe und Schweine gehalten wurden. Die Mönche hielten Vieh, obwohl sie kein Fleisch essen durften, da sie die Felle für Kleidung und Ähnliches benötigten – das Fleisch wurde an die Armen verteilt. Am Saugraben befindet sich auch der Platz, an dem das „Plumpsklo“ endet, dass die „Essensreste“ der Mönche direkt entsorgte,

Frau Ujen erzählt uns noch von einem interessanten Projekt, dass die „Kloster Eberbach Stiftung“ plant und auch umsetzen wird. Es soll der Kinderspielplatz „Hortus Ludi“ entstehen, der den Kindern viele Besonderheiten bietet. Für die Finanzierung werden noch Spenden und Unterstützer gesucht, wie man dem Prospekt und der Skizze entnehmen kann.

Ich möchte mich ganz herzlich bei Frau Ujen für die außergewöhnlich gute, interessante und herzliche Führung bedanken und kann jedem empfehlen, an dieser Führung teilzunehmen. Die nächste Führung ist am 28.4. 2019 um 15.00h.

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