Rheintour Blog

Galloways-Schottische Rinder im Taunus

Als wir vor einigen Wochen eine Wanderung über einen der Wispertrails gemacht haben, sind wir an einem Gatter vorbeigekommen, hinter dem es sich eine Herde von Galloway-Rindern gemütlich gemacht hatte. Auf einem Schild an dieser Weide gab es einige Erklärungen zu den Rindern, die aufgrund ihres Fells und ihrer großen, dunklen Augen sehr liebevoll aussehen. Ich habe mir die Telefon-Nummer und die Anschrift des Züchters, Arno Molter, notiert und habe mit ihm Kontakt aufgenommen. Ich wollte einfach mehr über die Rinder erfahren. Ich habe einen Termin mit Herrn Molter vereinbart und bin zu ihm rausgefahren.

Die Galloway-Farm liegt auf dem Hof Grilseifen am Rande des Heidenroder Stadtteils Watzelhain. Den Namen verdankt der Hof den Worten Gril(alte Bezeichnung für Grille) und Seifen (altes Bezeichnung von Quelle (Feuchtigkeitsgebiet):

Ursprünglich gehörte das Gelände der Stadt Wiesbaden, die dort ein Landschulheim einrichten wollte. Ein Grundbesitzer, bei dem Arno Molter beschäftigt war, dachte, dass er die Fläche im Rahmen eines sehr umfangreichen Geländekaufs miterworben habe und ließ das Gelände umpflügen, um dort Mais anzubauen. Das erwies sich leider als fataler Irrtum, denn damit gab es den Campingplatz, der dem CVJM zur Verfügung gestellt wurde, nicht mehr. Die FAZ titelte daraufhin ” Rigoroser Bauer pflügt Campingplatz um”. So kam Herr Molter unbeabsichtigt zu einer Schlagzeile.

Er konnte das Grundstück Jahre später dennoch erwerben, da die Stadt Wiesbaden aufgrund von finanziellen Engpässen 2 ha der Weiden- und Waldfläche ihm verkaufte.

Arno Molter stammt von einem Bauernhof im Glantal, das in der Westpfalz liegt. Er entschloss sich 1981 zu dem Ortswechsel. Zunächst arbeitete er als Verwalter auf dem Gestüt Tannenhof, das ebenfalls in Heidenrod-Watzelhain liegt. 1984 wechselte der gelernte Landwirtschaftsmeister, der zahlreiche Zusatzausbildungen absolviert hat, als Ergotherapeut in eine Klinik für Drogenkranke. Nachdem er dort einige Jahre gearbeitet hatte, übernahm er eine Stelle im Veterinäramt des Rheingau-Taunus-Kreises und war da unter anderem für die Lebensmittelüberwachung zuständig.

1987 übernahm er die Kontrolle von Galloway-Rindern, die aus Kanada importiert wurden, solange diese sich in Quarantäne aufhalten mussten. Dies war sein erster direkter Kontakt zu Galloway-Rindern. In Deutschland gibt es circa 700 Mitglieder im Galloway-Züchterverband, von denen lediglich circa zehn Züchter durch die Zucht ihren Lebensunterhalt verdienen. Das Gros der Galloway-Betriebe sind Freizeit-Landwirte, die aus allen sozialen Schichten kommen. Vom Universitätsprofessor bis hin zum „einfachen“ Arbeiter reicht das Spektrum. Eine Zielsetzung haben alle Züchter allerdings gleich: Die Nähe zur Natur und zu den Tieren. Die Haltung der Tiere, wie man sie aus der Milchwirtschaft kennt, gibt es in dieser Form nicht bei den Galloway-Betrieben. Nachdem Herr Molter – heute ist er im Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Galloway-Züchter e.V. und dort unter anderem für das Abhalten von Seminaren mit unterschiedlichen Inhalten zuständig – sich 7 Jahre lang der Zucht gewidmet hatte, nahm er im Jahre 2004 zum ersten Mal an einer Tierschau teil. Er gewann mit seiner Galloway-Kuh Freya und dem Kalb Bolero den Landessieg und erhielt damit seine erste Auszeichnung für ein Tier seiner Herde. Interessant für mich war für mich auch die Tatsache, dass er jedes Tier aus der Ferne an seinem Verhalten erkennt. Beispielsweise hat die Kuh „Annabel“ – genauso wie ihre zwei Kälber – beim Laufen eine charakteristische schräge Kopfhaltung. Und so erkennt Herr Molter er aus der Ferne jedes seiner Tiere. Wir haben uns in seinem Wohnhaus getroffen und konnten während des Gespräches auf eine seiner Herden blicken, die in ca. 100 m Entfernung wiederkäuend auf der Winterwiese lag und beobachteten,

wie die Tiere miteinander umgehen. Für seine Zucht stehen ihm insgesamt 50 Hektar Wiesen und Wälder zur Verfügung, sodass er seine Rinderherden immer wieder an andere Orte bringen kann, wo frisches Gras die Nahrungsgrundlage für die Tiere bildet. Seine Herde verfügt über insgesamt 50 Tiere, von Kälbern über Kühe bis zu mehreren Zuchtbullen. Trotz der großen Fläche, die ihm zur Verfügung steht, hat er im vergangenen Jahr aufgrund der extremen Trockenheit für über 10.000 Euro Zusatzfutter kaufen müssen. Auch der Corona-bedingte Lock-down in vielen Branchen belastet ihn zusätzlich. Tierschauen fallen aus und somit ist der Handel mit Zuchttieren stark eingeschränkt. Für die erste Kuh, die er für seine Herde gekauft hat, zahlte er 1987 noch 8.000 D-Mark, Bullen kosteten damals sogar bis zu 20.000 D-Mark. Daran kann man erkennen, wie hoch das Investment ist, das nötig ist, um sich peu à peu eine Galloway-Herde aufzubauen, solange man nicht ausreichend Muttertiere hatte, um den Nachwuchs selber zu züchten.

Helmut Schornstein aus dem Vogelsberg war der erste Landwirt, der Galloways nach Deutschland importiert hat. Das war 1973! Heutzutage Galloways zu importieren, ist nicht ganz so problemlos. Vom Kauf, meist in West-Schottland, vergehen oft 3 Monate, bis die Tiere auf der eigenen Weide stehen können, denn es gibt doch zahlreiche bürokratische Hürden zu überspringen.

Es gibt insgesamt circa 13 verschiedene Galloway Farbrichtungen (z.B. Belted, Rigged, White etc.). Beispielsweise sind diekanadischen Galloways größer als die schottischen. In Deutschland gibt es 3 Rahmengrößen: Klein, Mittel und Groß.

Die Galloway-Züchter sind weltweit gut organisiert und so findet alle 2 Jahre eine Weltkonferenz der Galloway-Züchter statt, im kommenden Jahr wird dieser in der Schweiz stattfinden.

Man unterscheidet bei den Galloways die Altersklassen in folgende Rubriken:

– Kalb

– Färse (junge Kuh, die noch nicht abgekalbt hat)

– Kuh

– Bulle

Die Kälber werden 8 bis 9 Monate bei der Kuh gelassen, um sich durch die Muttermilch zu ernähren. Anschließend werden sie getrennt. Oft schreien die Kühe drei Nächte lang, da sie ihr Kalb abgeben mussten. Gleiches gilt aber auch für Kälber, die nach der Mutter schreien, obwohl die Mutter nicht nach ihnen schreit. „Das“, sagt Herr Molter, „ist sehr unterschiedlich und eigenartig. Manchmal schreien die Kälber nach der Mutter, manchmal die Mutter nach den Kälbern, aber manchmal hat man auch den Eindruck, das Kalb ist froh, dass es von der Mutter weg kann oder auch umgekehrt.“

Galloway-Rinder zählen zu den extensiven Fleischrassen, die sich durch spartanische Lebensweise auszeichnen. Dadurch ist das Fleisch der Galloways sehr ursprünglich und ohne Zusatzstoffe, wie bei anderen Rinderarten. Angus-, Charolais- und Limousin-Rinder beispielsweise zählen zu den intensiven Fleischrassen, die besonders nahrhaftes Futter benötigen, Zusatzfutter wie beispielsweise Mais verlangen, um entsprechend durch diese Art des Futters wachsen zu können.

Arno Molter lässt seine Rinder in Wallrabenstein bei einem Metzger schlachten und verbringt sie dann nach Katzenelnbogen, wo er sie gemeinsam mit dem dortigen Metzger zerlegt. Das Fleisch der Galloways ist sehr nahrhaft. Beispielsweise ist das Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6 sehr günstig, da die Rinderausschließlich mit frischem Gras gefüttert werden. Deshalb ist das Fleisch meist mager und hat nicht unnötig viel Fett.

Die Klassifizierung der Zuchttiere geschieht nach drei Kriterien:

1. Typ,

2. Bemuskelung,

3. Skelett.

Diese drei Kriterien werden in Noten zwischen 3 und 9 vergeben. 3 x 9 wäre sozusagen summa cum laude. Nach Aussage von Herrn Molter gibt es in Deutschland wohl kein einziges Rind, das mit 3 x 9 eine Körung erhielt. Zur Ermittlung der Einstufung des jeweiligen Tieres werden auch die DNA von Vater und Mutter zugrunde gelegt, da das Erbgut bei der Ermittlung der Qualifikationsnoten mit einbezogen wird.

Hier ist Bruce of Balgray und darunter seine Körung

Wie gelb unterlegt, hat Bruce einen Index von 125, der sich aus

Typ = 8

Bemuskelung= 7

Sklett = 8

zzgl 100 Index = 125 zusammensetzt.

Gew. ist sein Gewicht von 658 kg,

Kör-TZ steht für die Gewichtszunahme seit seiner Geburt in Gramm pro Tag, bei Bruce sind es 1.062 Gramm pro!!) Tag.

Des Weiteren kann man dem Körungspapier noch Vater und Mutter, sowie die Großeltern entnehmen. In schottischen Körungspapieren kann man den Stammbaum bis zum Jahr 1887 zurückverfolgen.

Kürzlich wurden 2 Zuchtbullen aus dem Stall Molter gekört.

“Bilbo” erhielt die 123 ( 8,8,7 plus 100)

Orient 124 (8,8,8 plus 100)

Fast jede Rinderrasse hat eine geneigene Veranlagung für eine Erbkrankheit. Bei den Galloways ist dies die tibiale Hemelemie. Jedes Tier erhält zudem eine Zuchtbescheinigung, die sogenannte Pedigree. In Schottland ist es beispielsweise so, dass das Herdenbuch über das Internet offen und damit für jeden zugänglich eingestellt ist. In Deutschland wird dies nicht gemacht.

Die Bullen, die auf der Weide stehen, haben alle einen Nasenring. Dieser kann als “Notbremse” bezeichnen. Wenn einer der Bullen “ausrastet” ist er nur durch diesen Nasenring überhaupt zu zähmen. Zudem schreibt die Berufsgenossenschaft dies vor, wenn der Zuchtbulle in der Öffentlichkeit, beispielsweise bei Wettbewerben, vorgestellt wird.

Oleg, einer der Bullen, wiegt circa eine Tonne. Herr Molter hat ihm eines Tages einen Silo-Ballen mit einem Gewicht von ca. 400 kg in sein Gehege gelegt. Oleg hatte nichts Besseres zu tun, als diese 400 kg einmal quer über die Wiese zu schleudern. Daran kann man sehen, welche Kraft diese Tiere haben. Oleg ist ein Bulle, der eine sehr enge Bindung zu Herrn Molter aufgebaut hat. Er hört auf die Stimme und auf die Kommandos, die ihm der Tierzüchter zuruft. Es ist schon eine sehr beeindruckende Situation. Wichtig ist bei diesen Tieren deshalb auch, dass man die Charaktere richtig einschätzt. Stellt man fest, dass ein Tier besonders aggressiv ist, muss dieses Tier aus der Herde entfernt werden und es wird in der Regel dann geschlachtet, dies geschieht aus Gründen der Sicherheit.

Herr Molter kauft auch heute noch Tiere im Ursprungsland der Galloways, in Schottland und so war er im vergangenen Sommer in Schottland um eine eine Färse zu kaufen, die ihm sehr gut gefiel. Sein schottischer Kontaktmann telefonierte mit der Eigentümerin, die trotz mehrmaligem insistieren einen Verkauf immer wieder ablehnte und erst nachgab, als Herr Molter ihr zusagte, zusätzlich einen jungen Bullen zu kaufen. Man muß halt die Gepflogenheiten des Landes und seiner Bewohner kennen 🙂

Herr Molter erzählte mir, dass er zweimal fast die komplette Herde verloren hat. Einmal deshalb, weil die Tiere Herbstzeitlosenpflanzen gefressen hatten, die zu einer Vergiftung führten, an der vier Rinder sofort starben, eines musste später eingeschläfert werden und ein weiteres starb zu einem späteren Zeitpunkt. Er baute mit den verbliebenen zwei Rindern und durch Zukäufe weiterer Rinder die Herde wieder auf und hatte nach vielen Jahren wieder 50 Tiere auf seinem Hof. Aufgrund des enormen Druckes sowohl durch seine reguläre Arbeit im Veterinäramt als auch durch die Zuchtarbeit mit den Tieren, bekam er vor circa 15 Jahren einen Burn-out und musste für ein Jahr beide Berufe ruhen lassen. Dies hatte zur Folge, dass von seinen 50 Tieren 30 nach Luxemburg verkauft wurden. Die verbliebenen 20 Tiere wurden einzeln an andere Züchter verkauft. Nach seiner Genesung ist Herr Molter erneut in das Galloway-Zuchtgeschäft eingestiegen und hat ab 2005 einen Neuanfang gewagt. Mittlerweile hat er wieder 50 Tiere und durch Zukauf von Wald- und Wiesenflächen sein Weidegebiet auf 50 Hektar vergrößert.

Im Laufe der Jahre hat er zahlreiche Auszeichnungen für seine Tiere erhalten, einmal sogar stellte er den Bundessieger.

Zahlreiche Pokale und Rosetten schmücken sein Wohnhaus und zeigen, wie professionell und erfolgreich er als Galloway Züchter ist.

Arno Molter betreibt seine Galloway-Zucht auch auch unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit. Beispielsweise fängt er das Regenwasser von seinen Dächern auf und leitet es mittels unterirdischverlegter Rohre frostfrei zur Tiertränke auf der Weide vor seinem Haus. Den Strom für seine Tierzäune erzeugt er mittels Solarpanels.

Es ist schon sehr idyllisch, wenn man in Heidenrode-Watzelhain ihn in seinem Haus besucht. Wir sprachen auch über den Verkauf von Galloway-Rindern, oder auch über die Teilnahme an Tierschauen. Für Schauen werden die Galloway-Rinder “aufgehübscht”. Im Fachjargon heißt das „fittern“. Das Tier wird zunächst mit einem Hochdruckreiniger grundlegend gesäubert, sogar ein Kuh-Föhn steht bereit, um dem Tier den richtigen Style zu geben. Die Optimierung finde ihren Höhepunkt und Abschluß mit einem Make-up, sodass aus dem vorher schmutzigen Rind ein attraktives Tier wird, das nicht nur dem potentiellen Käufer gefallen soll, sondern sicherlich auch jedem Bullen gefällt. 

Innerhalb der Galloway-Herde gibt eine klare Rangordnung. Vorne steht natürlich der Bulle, der allerdings in Gefahrensituationen nicht dafür sorgt, dass er die Herde schützt. Vielmehr tritt er erst mal ins Glied zurück und guckt, was die Kühe aus der Situation machen. Es gibt deshalb eine Leitkuh, die diese Aufgabe übernimmt. Jede weitere Kuh hat innerhalb der Herde ihren Rang und. Herr Molter mir sagte, dass es die meisten Reibereien in den hinteren Rängen der Herde gibt, beispielsweise Kuh 8 mit Kuh 7 oder Kuh 9 mit Kuh 6.

Es war sehr idyllisch, während des Gespräches durch die großen Fenster in seinem Haus auf die Weide zu gucken und zu sehen, wie die Tiere miteinander umgehen, wie Kälbchen blöken, wie gemächlich der Bulle über die Winterweide trabt und wie entspannt die Kühe wiederkäuern. Die Winterweide hat eine Größe von ca. 3 bis 4 Hektar. Die verbleibenden Weiden innerhalb der Ländereien von Herrn Molter werden so geschont, damit sie im Sommer genügend Gras bekommen.

Auch im Taunus gibt es einen Herdenauftrieb, der mit einem großen Fest begangen wird. Dies ist in der Regel Mitte Mai, wenn die Rinder von den Winterweiden auf die Sommerweiden getrieben werden.

In regelmäßigen Abständen, die man auf der Homepage des Hofes Grilseifen ablesen kann, gibt es frisch geschlachtetes und gut abgehangenes Galloway-Fleisch zu kaufen. Welche Gerichte man mit diesem geschmacklich sehr intensiven Fleisch machen kann, zeigen hier ein paar Rezeptvorschläge.

Die Feinzerlegung des Galloway-Rindes
Qualität des Galloway-Rindes vs Einzelhandelsfleisch
Verzehrqualitätsunterschied

Ich freue mich sehr auf das Wiedersehen mit Arno, seiner Lebensgefährtin und den Tieren, die so liebevoll aussehen. 

Für weitere Fragen oder Eure Fleischbestellung, könnt ihr Euch auch direkt an Arno wenden:

Arno Molter
       Hof Grilseifen, 65307 Heidenrod – Watzelhain
       Telefon: 0178-5249533
       Mail: o.retlom@t-online.de

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