Rheintour Blog

Ein Tag im Hunsrück. Bleibende Eindrücke-in vielerlei Hinsicht

Ich hatte mal wieder Lust und Muse in den Hunsrück zufahren, um mir dort ein Bild zumachen, was sich im Wald so tut.

Zufällig hatte ich gehört, dass der „Spitze Stein“, ein 21 Meter hoher Aussichtsturm, wohl abgerissen werden soll, weil er baufällig geworden sei.  Der „Spitze Stein“ liegt  mitten im Wald, was auch seinen Reiz ausmacht.

Man kann nicht direkt „vor der Tür“ parken, sondern muss ein paar hundert Meter durch den Wald laufen, gesäumt von Tannenbäumen und dem angrenzenden Mischwald, so hatte ich es zumindest in Erinnerung.

Ich fuhr die Verbindungsstraße zwischen Niederburg und Urbar entlang und parkte mein Auto am Eingang zum Wald. Ich war erstaunt, dass die Tannenbäume, die den Weg rechts und links bei meinem letzten Besuch noch säumten, leider abgeholzt waren.

Das machte mich schon traurig, denn es hatte etwas Besonderes, diesen Weg entlang zu laufen. Wie durch ein Spalier von Tannenbäumen, die Einen scheinbar beobachteten und wie Wachsoldaten den Besucher darauf hinwiesen, nicht vom rechten Weg abzukommen. Es war für mich frustrierend zu sehen, dass diese schönen, großen, alten Tannen gefällt waren. Aus welchem Grund die Bäume weichen mussten, wusste ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht und machte mir Gedanken über den Grund dieser Aktion.

Als ich oben ankam, konnte ich den Grund erkennen. Spuren von schwerem Gerät, die dort oben „aufgeräumt“ hatten, waren wohl der Grund, für das Fällen.

Wald und Natur waren wohl im Weg und mussten weg, den Weg freimachen, damit die Monstermaschinen ihr Werk auf der Anhöhe verrichten konnten. Die Schäden, die diese Art der Holzwirtschaft und des “Hegens” anrichten, sind nicht wieder gut zu machen.

Die tiefen Furchen weisen auf schwerstes Räumgerät hin, das sich in den Boden an dem von mir so geschätzten Aussichtspunkt in die Natur gefressen hat. Die so wichtigen Mikroorganismen, die im Boden leben,  sind ein für alle Mal zerquetscht und der Boden an diesen Stellen für immer zerstört. Ich habe viele Bücher über den Wald, seine Bewohner und der wichtigen Rolle der Kleinstlebewesen und Pilzen, die sich unter der Erdnabe bis zu einigen Kilometern ausweiten, gelesen. In Gesprächen mit Jägern, Förstern und Waldarbeitern habe ich viel Interessantes über den Wald, die fragile Ökologie und der Hypersensibilität mit der man mit der Natur umgehen muss, gelernt. Ich bin noch immer geschockt über das, was ich am „Spitzen Stein“ gesehen habe. Aber zurück zu meinem Ausflug.

Der „Spitze Stein“ bietet einen phänomenalen Ausblick über Umgebung und war früher ein wichtiger Punkt der Kommunikation, denn er war eine Art Relaisstation . Der französische Erfinder Claude Chappe erfand 1791 die Flügeltelegraphie, die es ermöglicht, mittels Flaggen an Hand von definierten Stellungen zur Übermittlung von Informationen zu nutzen. Auf der Anhöhe war eine Station eingerichtet, die wichtige Botschaften von Berlin bis nach Trier übermitteln konnte-immerhin über eine Distanz von 700km.

Ich habe mit zwei Arbeitern gesprochen, die an dem „Spitzen Stein“ arbeiteten, denn er wird gerade abgerissen. „Ist ein Abriss denn wirklich nötig?“ habe ich mich gefragt. Ich habe viele dieser Türme gesehen, die häufig im Wald aufgebaut sind, um in trockenen Sommern einen guten Ausblick in das Land zu geben, damit man frühzeitig Waldbrände entdecken kann und dadurch großflächige Waldbrände frühzeitig vermeiden kann. Ob es sinnvoll ist, den Turm komplett abzureißen, anstatt ihn zu sanieren, mag ich nicht beurteilen, der herrliche Panoramablick aus der Turmspitze war jedenfalls Phänomenal. Vielleicht ist es aber auch gewünscht den Turm nicht mit einer solchen Aussicht weiter bestehen zu , denn man blickt in südlicher Richtung auf mindestens 70 Windräder, die die Natur verschandeln, Tiere müssen leiden und viele sogar sterben, weil sie gegen die Windräder fliegen.

Das Thema „Windräder“ habe ich bereits in einem separaten Blog behandelt. An meiner Ablehnung dieser Art der Energiegewinnung hat sich nichts geändert. Den Wünschen der Politik sowohl in Wiesbaden auf der Hohen Wurzel als auch in Stephanshausen auf den Höhen des Taunus neue Windparks errichten zu dürfen und an diesen Orten die Natur endgültig und unwiederbringlich zu zerstören bieten couragierte Bürgerinitiativen bisher Einhalt, ich hoffe, dass dies auch weiterhin Bestand haben wird.

Frustriert von dem, was ich gesehen habe, habe ich mich ins Auto gesetzt und bin zu einem Waldstück gefahren, in dem ich gerne wandere, um Entschleunigung vom Alltag zu erfahren, dem Gezwitscher der Vögel zuzuhören oder Markierungen an den Bäume zu betrachten, die mir die damit verbundenen Veränderungen in der Natur frühzeitig verraten.

Was ich in dem Waldstück gesehen habe, passt sich nahtlos in das Geschehen am „Spitzen Stein“ an. Es waren sehr viel Bäume gefällt,

ich fragte mich auch, warum die dicke Eiche oder die große Rotbuche markiert ist und der  Säge preisgegeben werden sollen? Die sehr stark verasteten Bäume stehen für eine wirtschaftliche Nutzung nur eingeschränkt zur Verfügung.

Die Vorstellung, einen Baum, der 200 Jahre Bestandteil eines funktionierenden Öko-Systems war, zu fällen, um ihn dann als Pellet in einem Ofen zu verheizen, fällt mir sehr schwer. Ich möchte nicht näher darauf eingehen, was ich davon halte, denn ich bin nur ein Forst-Laie, ganz ohne Ahnung aber auch nicht. Ob es sinnvoll ist, nach wie vor Kahlschlag zu betreiben, stelle ich in Zweifel, denn mehrere Jäger, Förster und Waldarbeiter erzählten mir, das ein Kahlschlag aus ökonomischen und ökologischen Gründen heute eigentlich nicht mehr durchgeführt wird. Vielleicht ist es dem Verantwortlichen einer solchen Fällaktion ja nicht bekannt gewesen? Ich hoffe, er liest meinen Blog.

Es gab aber auch viel Schönes im Wald zu sehen, wie dieser Pilz, der früher, weil er so trocken ist und deshalb gut brennt, genutzt wurde, das Feuer im Ofen oder Kamin anzumachen –  daher auch sein Name “Zunderholz”.

Auf dem Waldboden ist schon der Frühling eingekehrt. Das Buschwindröschen oder auch das Immergrün beginnen zu blühen, an den Bäumen sprießen die ersten Knospen.4

Und in dieser Waldregion gibt es sogenannte Quellhorizonte. Dies sind Regionen, in denen Wasser zu Tage tritt, also Quellen entspringen, die sich langsam über den Waldboden als Vorstadium eines Rinnsales bewegen. Die Umgebung ist sehr feucht und man sollte nicht unbedingt diese Gebiete überqueren.

Ich habe einen Bericht über die optimale Holzwirtschaft gelesen, die das BAT- Verfahren als bestmögliche Hege propagiert. Es ist, ähnlich wie die 3-Felder-Wirtschaft in der Agrarwirtschaft, die optimale Art zwischen Natur und Holzwirtschaft. BAT steht für Biologisch Altholz und Totholz. Es ist sehr wichtig, einige Bäume dem Verfall und damit den Mikroorganismen und Kleinsttieren preiszugeben. Das Holz wird zu Erde und während des Zerfalls und Erosionsprozess ist dieser Baum auch noch Unterschlupf für beispielsweise den Hirschkäfer, dessen Engerling 7 Jahre in dem Baum Unterschlupf findet, um danach im Wald sein Leben  zu verbringen.

Die achtlose Behandlung von Mikroorganismen, die in der Nahrungskette ganz unten stehen, hat fatale Folgen für die gesamte Natur, letztendlich auch für den Menschen Das Gesetz der Natur „Fressen oder gefressen werden“ bedeutet, dass Lebewesen von den nächstgrößeren Tieren gefressen werden, die Nächstgrößeren dann wieder von den Größeren und so weiter. Nach diesem Prinzip funktioniert die Natur. Wenn man aus der Nahrungskette durch Dünger, Pestizide oder auch falsche Holzwirtschaft Eingriffe in das filigrane System „Natur“ nimmt, hat das fatale Auswirkungen auf viele Lebensräume auf dem gesamten Planeten. Leider steht noch immer ökonomisches Wachstum grundsätzlich über Ökologischem.

Ich habe mich dann aber doch entschlossen, die schönen Eindrücke der Natur und des Waldes zu genießen und habe sogar eine Blätzstelle gefunden, etwas, was ich sehr selten bisher gesehen habe. Eine Blätzstelle ist ein Ort, an dem ein Rehbock mittels Drüsen ein Sekret versprüht, das dem Eindringling sagen soll, dass dies sein Revier ist und er hier nichts verloren habe.

Ich habe aber trotzdem schöne interessante Stunden verlebt, teilweise aber auch wie man lesen kann, einen teilweise wehmütigen und nachdenklichen Spaziergang durch den Wald gemacht. Die Fotos, von dem, was ich gesehen habe, geben das Erlebte ganz gut wieder. Ich freue mich trotzdem auf die nächste Wanderung durch Taunus oder Hunsrück und bin gespannt ,was ich dann erleben werde.

Mit einem Zitat des bengalischen Dichter und Philosophen, Rabindranath Tagore, möchte ich diesen Blog beenden und zum Nachdenken anregen:

Wer Bäume pflanzt, obwohl er weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen.

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4 Kommentare zu “Ein Tag im Hunsrück. Bleibende Eindrücke-in vielerlei Hinsicht

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