Gespräch mit Ulrich Lautenschläger, Geschäftsführer der Loreley Venue Management GmbH
Als Theater in den 30iger Jahren gebaut, hat sich die „Loreley-Freilicht-Bühne” in den letzten Jahren zu einem festen kulturellen Bestandteil des Oberen Mittelrheintals entwickelt.
Bereits in den 70er-Jahren hat diese Spielstätte Weltstars angezogen. Unter den großen internationalen Namen sind Künstler wie Genesis, Bob Dylan, Carlos Santana, Rod Stewart, aber auch deutschsprachige Interpreten wie Udo Jürgens, Udo Lindenberg oder Heinz Rudolf Kunze zu finden. Legendär sind auch die spektakulären Auftritte von Bands wie z.B. U2 und Genesis, von Joe Cocker oder Meat Loaf oder Placido Domingo. Auch Rock- und Metal-Fans kamen dabei immer wieder in den Genuss großartiger Live-Erlebnisse wie bei den legendären „WDR Rockpalast“ Konzerten oder den „Golden Summernight“ Festivals.
Harmonisch in die einzigartige Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal eingepasst, ist die Loreley Freilichtbühne eine ideale Plattform für Veranstaltungen aller Art – von Theater über Oper und Ballett bis hin zu Jazz, Rock und folkloristischen Darbietungen.
Das spiegelt das internationale Interesse an dem Veranstaltungsort genauso wider, wie die Erreichbarkeit des Publikums, das gerne für ein besonderes Kultur-Erlebnis an einem attraktiven Ort einen weiten Weg auf sich nimmt. So konnte sich die Loreley Freilichtbühne in den letzten Jahren einen Spitzenplatz unter den Bühnen mit dem besten Sound in Europa erspielen.
Frage: Herr Lautenschläger, seit 2010 wird die Loreley von Ihnen bzw, von der Loreley Venue Management GmbH betrieben. Ihr Stammsitz ist in Potsdam. Was hat Sie auf die Idee gebracht, die Loreley Freilichtbühne als Pächter zu übernehmen?
Lautenschläger: Ich komme aus Bensheim an der Bergstraße, d.h. ich bin nicht einmal 1,5 Autostunden von der Loreley entfernt aufgewachsen. Ich habe mir in meiner Jugend oft den „WDR Rock Palast“ angesehen. Schon damals war ich mit einer respektablen Ausstattung als mobiler Disc-Jockey unterwegs, ich habe als 19-Jähriger eine Rockband gemanagt und auch ein Rockfestival veranstaltet.
Aus diesem Interesse für die Musik hat mich die Loreley gereizt. Als ich dann 2009 auf die Loreley Freilichtbühne angesprochen wurde, war mein Jugendtraum plötzlich wieder da.
Auch mein Geschäftspartner Frank Otto war von dieser Idee sehr angetan. Wir sind dann mit der Stadt St. Goarshausen als Eigentümerin der Bühne in Verhandlung getreten, haben ein Konzept entwickelt und dieses der Stadt vorgestellt.
Im Vorfeld haben uns etliche Freunde aus der Veranstaltungs-Branche vor dem Vorhaben gewarnt. Die Loreley sei zu weit abgelegen, es gäbe im Umfeld persönliche Eitelkeiten von Personen, die an einer Übernahme interessiert seien, aber wahrscheinlich wegen mangelnder finanzieller Ausstattung nicht zum Zuge kommen werden, es müsse mit Unternehmen aus dem Umfeld zusammengearbeitet werden, die zum Teil unrealistische Forderungen stellten
und die Bühne und das Gelände seien in einem renovierungsbedürftigen Zustand – kurzum: es gäbe zu viele unwägbare Störfaktoren, die einem gedeihlichen Konzertbetrieb entgegen stünden.
Frage: Welche Probleme galt es als erstes zu lösen, um den Veranstaltungsbetrieb aufnehmen zu können?
Lautenschläger: Es haben sich in den Jahren seit der „Wiederbelebung“ der Bühne viele Gewohnheiten von damals handelnden Personen eingeschlichen, die unbedingt verändert werden mussten. Und rein optisch war erst mal eine Grundreinigung des gesamten Geländes und der Gebäude von Nöten. Parallel dazu mussten behördliche Verwaltungsauflagen angepasst werden, und die bis dato „eingefahrenen Gleise“ im Bezug auf den einen oder anderen Anlieger mussten in zahlreichen und mühevollen Einzelgesprächen den neuen Gegebenheiten angeglichen werden.
Wir mussten als Unternehmer einen Finanzplan erstellen für den von uns zu leistenden Eigenanteil erstellen, für die Finanzierung des Betriebes, der Werbung und des Marketings. Und wir mussten parallel dazu auch Verhandlungen mit Konzertagenturen und Künstlern führen, die der Gastspielbetrieb für die Loreley-Bühne nun mal mit sich bringt.
Was aber in dieser Zeit am meisten nervte, waren die ständigen Störattacken durch die verletzten Eitelkeiten von Personen aus dem Umfeld von St. Goarshausen, die eben nicht zum Zuge gekommen sind.
Frage: Sie haben ja zahlreiche Festivals ins Leben gerufen, viele wurden zum festen Bestandteil des jährlichen Programms. Diese Festivals decken ein großes musikalisches Spektrum ab, vom Tattoo bis Heavy Metal. Macht das die Loreley zur Besonderheit, dass sie für jedes Genre der musikalischen Unterhaltung steht?
Lautenschläger: Wir haben ja damals quasi bei „Null“ angefangen, denn zuerst musste die Loreley als Spielstätte wieder in die Köpfe des Publikums und der Bands, der Künstler. Das gab uns die Chance, auch neue Zielgruppen und neue Märkte zu erschließen.
Nur rund 30 % der Gäste kommen aus der Region und ca. 60 % aus einem Einzugsgebiet von etwa 150 Kilometern. Aber die verbleibenden 10 % sind Gäste aus ganz Deutschland, aus Belgien, den Niederlanden und Luxemburg und auch aus der Schweiz. Und inzwischen verkaufen wir mit steigender Tendenz auch regelmäßig Tickets nach Frankreich, Groß-Britannien, auch nach Australien, in die USA, Kanada und sogar nach China.
Zwischen 2012 und heute hat die Loreley Freilichtbühne rund 70 -100.00 Zuschauer jährlich zu den angebotenen Konzerten und Festivals angezogen. Und auch hier: Tendenz steigend.
Lautenschläger: Ich kann Ihnen die genauen Zahlen nennen, aber ein anderer Effekt ist viel interessanter als die Besucherzahlen, denn mit unseren Veranstaltungen machen wir ein gezieltes Standort-Marketing und bewerben nicht nur St. Goarshausen und die Loreley, sondern die gesamte Region, das Welterbe Oberes Mittelrheintal. Das Budget, das wir und unsere Konzertveranstalter jährlich ausgeben, entspricht einem Werbewert von rund 1 Mio €. Das kann eine örtliche Touristinfo überhaupt nicht leisten. Mit anderen Worten: Von der Werbung für unsere Veranstaltungen partizipieren die Loreley und die gesamte Region, denn viele Besucher, die zur Loreley oder ins Rheintal an Wochenenden kommen, haben sicherlich auch Impulse durch unsere Veranstaltungen bekommen.
Also: nicht die Besucherzahl ist unbedingt ausschlaggebend, sondern die Tatsache, dass die Region ohne finanzielle Eigenleistung von den Veranstaltungen auf der Loreley profitiert.
Unsere zufriedenen Konzertbesucher sind die besten Multiplikatoren für die Region.
Eigentlich müsste die Verbandsgemeinde Loreley stolz auf diese Tatsache sein, dass die Attraktivität der Freilichtbühne jährlich zwischen 70 und 100 Tausend Besucher zu Konzerten und Veranstaltungen aller Genres anzieht.
Frage: Bleiben wir beim Thema Werbung und Marketing – auf Ihrer Homepage weisen Sie auf das Getränk „Loreley-Cola“ hin. Ist das eine „Eigenmarke“, mit der Sie das Merchandising-Geschäft vergrößern möchten?
Lautenschläger: Im vergangenen Jahr haben wir für die Loreley Freilichtbühne eine neue Cola gesucht, denn der Hersteller des bisherigen koffeinhaltigen Erfrischungsgetränks konnte nicht mehr die Lieferung in den erforderlichen Gebinden sicherstellen. Andere Getränke-hersteller haben sich als sehr unflexibel erwiesen. Und da habe ich mich an meinen Vater erinnert, an meinen Großvater und auch an den Ur-Großvater, die allesamt bereits vor zig Jahrzehnten Limonaden hergestellt haben. Wir haben dann gemeinsam mit Barkeepern und Köchen eine entsprechende Rezeptur kreiert, und seit der letzten Saison haben wir die „Loreley-Cola“ im Angebot.
Und mit einem bisschen Glück können wir die „Loreley-Cola“ auch regional und vielleicht sogar überregional vermarkten, so dass dieses Getränk wiederum zur Bewerbung der Loreley dient, nicht mal so sehr der Freilichtbühne und unseren Veranstaltungen.
Frage: Die Loreley Freilichtbühne soll ja mit größerem Aufwand umgebaut werden. Welche Baumaßnahmen sind geplant, wie hoch sind die voraussichtlichen Kosten?
Lautenschläger: Seit einigen Jahren läuft ein sogenanntes Ertüchtigungsverfahren für die Freilichtbühne, in dem es um die Sanierung und die Instandsetzung der erheblich veralteten Anlagen geht. Die finanziellen Mittel dafür stehen seit Jahren bereit, doch die Verantwortlichen behandeln den Sanierungsbedarf nicht mit der nötigen Priorität. Wir haben so das Gefühl, dass man am Anfang der Saison über das Bauvorhaben spricht, am Ende der Saison weiter im Ruhemodus verharrt und auf das nächste Frühjahr wartet.
Am Anfang sind wir von rund 1,8 Mio € ausgegangen, inzwischen sprechen wir von rund
5 Mio €. Der Anteil der Loreley Venue Management GmbH beträgt 10 % dieser Summe. Wir haben also rund 500.000 € hinterlegt. Weil aber in den vergangenen Jahren von Seiten der Verantwortlichen nichts passiert ist, wir aber dringend Bürokapazität, Garderoben- und Lagerräume benötigt haben, haben wir in den letzten Jahren selbst noch rund zusätzlich 170.000 € in die Verbesserung der Infrastruktur investiert. Hinzu kommen seit Jahren ständig neue Forderungen, obwohl uns nicht ein Grundstück dort oben gehört. Das mündet in Kosten für juristische Beratungen, die für einen normalen Konzertbetrieb unverhältnismäßig hoch sind.
Im vergangenen Jahr ist die Loreley Bühne mehrfach in der Presse (z.B. Stern, Bild) als eine der romantischsten und schönst-gelegenen auf den vorderen Plätzen in einem deutschlandweiten Ranking genannt worden. Doch die Bühne selbst verfügt lediglich über einen Standard der 70er Jahre. Improvisation ist bei jeder Veranstaltung an der Tagesordnung, aber, und das ist ein Punkt, den man nicht unter den Tisch fallen lassen kann: einige Künstler, die man gerne auf der Loreley sehen würde, haben bei Vorbesprechungen ihre Bereitschaft zu einem Auftritt zurückgezogen, als sie von den technischen Gegebenheiten erfahren haben.
Frage: Konkret: was ist baulich bis jetzt bei der Freilichtbühne passiert?
Lautenschläger: Auch konkret: es wurden bisher lediglich ein paar Bäume gefällt. Welche Teile renoviert werden, ist mir bekannt, aber wie es weitergeht werden wir sehen, wahrscheinlich wird nach der Saison 2016 das Bühnendach und der Zuschauerbereich angegangen. Die Büros und Garderoben sind im zweiten Bauabschnitt geplant also dann Ende 2017 soll es weitergehen, schauen wir mal.
Frage: Das Land Rheinland-Pfalz will sich mit 80% an den Kosten beteiligen. Ist denn die Loreley ein so bedeutender Wirtschaftsfaktor geworden?
Lautenschläger: Die Loreley ist meiner Meinung nach der wichtigste Wirtschaftsfaktor für die Region überhaupt. Zum einen als ein Teil des Welterbes Oberes Mittelrheintal. Aber wie eine Forschergruppe um den Wirtschaftswissenschaftler Stephan Heblich vom Jenaer Max-Planck-Institut für Ökonomik herausgefunden hat, stehen Kultur und Wachstum einer Region in einem gewissen Zusammenhang.
Kulturelle Angebote machen z.B. Städte und Regionen interessanter für hoch-qualifizierte Arbeitskräfte. Kultur-Events fördern ein höheres Wirtschaftswachstum in der Region, ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Region! Wenn das kulturelle Angebot wächst, dann wächst auch die Wirtschaft.
Die Region leidet unter vielen Faktoren, und leider auch an zu vielen alten Zöpfen. Die nicht mehr zeitgemäße Denkweise lähmt die gesamte Region. Man hält noch immer an der Romantik fest. Wenn dann aber Touristen kommen, sind diese schnell enttäuscht, denn in der heutigen Zeit wird Romantik anders definiert, jedenfalls nicht mehr über Gedichte oder Volksweisen. Romantik ist heute eher mit einer Vielzahl von Emotionen verknüpft. Sie lebt nicht nur vom Blick von der Loreley ins Rheintal, sondern vielmehr von erlebbaren Gefühlen in Kombination mit anderen Sinnesreizen wie z.B. Musik oder einem kulinarischen Angebot, das über das Schnitzel hinaus geht. Wenn man sich die touristischen Regionen in Österreich ansieht, dann merkt man sofort, wo die Reise hingeht: Freundlichkeit, attraktive Skipisten und natürlich auch „Après-Ski“ in Form von Party, Konzerten, Shows oder einem optimalen Wellness-Angebot.
Manche Regionen investieren Millionen-Beträge nur in die Infrastruktur. Doch das hat die Landesregierung erkannt: die Loreley hat die Chance, die gesamte Region zu befruchten! Aber da muss ein langfristiger Plan her, der über das Loreley Plateau hinaus geht.
Der Rheinsteig war schon ein guter Ansatz. Was aber hat ein Hotelier von einer Übernachtung? Die Verweildauer der Gäste muss erhöht werden, es müssen wieder mehrtägige Aufenthalte angestrebt werden. Wir sehen das bei unseren Festivalgästen, die gerne zwei, drei oder noch mehr Tage auf der Loreley verweilen. Wer länger an einem Ort ist, schaut sich in der Regel tagsüber die Landschaft und ihre Sehenswürdigkeiten an und möchte am Abend gerne bei einem musikalischen oder kulinarischen Erlebnis entspannen.
Und inzwischen ist auch belegt, dass nicht der internationale Tourismus die Wirtschaft belebt, sondern der Tourismus, der den Interessierten in zwei Autostunden an sein Ziel bringt. Das ist die Chance auf neue Märkte, denen man natürlich etwas Attraktives bieten muss.
Frage: Ich komme noch mal zurück zu den Umbauphasen – werden dadurch die Veranstaltungen eingeschränkt?
Lautenschläger: Wir hoffen nicht, aber bereits jetzt verzögert sich der Umbau seit Jahren, die Kosten werden immer höher, die Auflagen, die wir zu erfüllen haben, ständig neu geplant. Als wir mit den Behörden angefangen haben, die Renovierungsarbeiten der Bühne des Freilichttheaters zu planen, sind wir als Investoren z.B. davon ausgegangen, ab 2013 ein neues Bühnendach zu haben. Inzwischen schreiben wir das Jahr 2016, von dem neuen Dach noch keine Spur.
Für uns als Unternehmer ist diese durch nichts zu begründende Verzögerung betriebs-wirtschaftlich ein schweres Unterfangen, zumal wir die von uns zu erbrachten Leistungen in Höhe von 500.000 € als Investition zur Kostenoptimierung gesehen haben. Unser Pachtvertrag läuft nur noch wenige Jahre, und die Investitionen stehen in keinem Verhältnis mehr zur Laufzeit. Man hängt uns seit Jahren einen leeren Hafersack vor, lässt uns also verhungern, und dazu kommen auch noch Peitschenhiebe aus allen Richtungen. So wird in Deutschland kein Pferd behandelt, so darf man auch kein Pferd behandeln. Wobei wir auch in einem Fall den Satz gehört haben, ich zitiere sinngemäß: „Bei uns auf dem Land wird das mit dem Faustrecht geregelt“. Ich bin ein Leben lang als Unternehmer tätig, so etwas von Kaufmann zu Kaufmann zu hören, ist alles andere als üblich.
Wir haben die Warnungen unserer Bekannten und Freunde aus der Veranstaltungsbranche eher als Chance angesehen und haben gehofft, dass auch andere die Chance ergreifen, damit man gemeinsam etwas bewegt und wirtschaftlich erfolgreich zusammenarbeitet, letztendlich auch zum Wohle der Region.
Frage: Welche Highlights sind denn in diesem Jahr auf der Loreley Bühne zu sehen?
Lautenschläger: In diesem Jahr setzen wir unser Festival-Reihe fort mit dem „RockFels“-Festival am 10. und 11. Juni sowie der „Night of the Prog“ vom 15. bis 17. Juli. Wir bringen auch wieder das „Picknick Open“ auf die Bühne, die „Celtic Night“ und zum 6. Mal das „Loreley Tattoo“. Im Programm haben wir Konzerte der Rock-Legende „Deep Purple“ am 30. Juni, von „Cro“ und von „Pur“. Und nicht zu vergessen: Klassik ist auch wieder dabei: Mozarts „Zauberflöte“ mit der „Opera Classica Europa“ am 7. August. Also das dürfte für jeden musikalischen Geschmack etwas dabei sein. Aus unserer Homepage finden Sie das gesamte Programm.
Herzlichen Dank für das sehr informative Gespräch
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